Ob in TV-Shows oder Camps – immer mehr Menschen begeistern sich für Survival-Skills. Es geht um Abenteuer, Unabhängigkeit und den Wunsch, für jede Situation gewappnet zu sein.

Autorin: Soraya Vitali
Titelbild: Das Feuer gehört zu den wichtigsten Bestandteilen, um eine Survival-Challenge zu meistern.
Quelle: Soraya Vitali

Ein schmaler Pfad schlängelt sich durch die Felslandschaft des Alpsteins in den Appenzeller Alpen. Kein Netz, kein vertrauter Wegweiser, nur schroffe Felsen und ein leises Plätschern in der Ferne. Die Sonne sinkt, die Schatten werden länger, die Wasserflasche ist fast leer. Orientierungslos in der rauen Natur bleibt nur die Suche nach einem sicheren Nachtlager – und plötzlich wird die Wanderung zum Überlebenskampf.

Um in solchen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren, empfiehlt sich der Besuch eines Survival-Camps. Ein solches absolvierte unsere Redaktorin Soraya Vitali bei Treefire Survival in St. Gallen mit den Trainern Samuel und Fabian.

Die 3er-Regel im Survival

Infografik 3-er Regel: erstellt von Soraya Vitali Quelle: Treefire Survival

Von Soldaten zu Showstars

In den 1970er Jahren wurde das Konzept des modernen Überlebens durch ehemalige des Militärs und Abenteurer populär. Vor allem in den USA wurden ursprünglich für Soldaten entwickelte Techniken in Handbüchern festgehalten und für Zivilisten angepasst. Diese ersten Anleitungen legten den Grundstein für das, was wir heute unter Survival verstehen: die Kunst, in Extremsituationen zu überleben.

Später in den 2000er Jahren machten Survival-Shows wie «Adventure Survival» oder «Man vs. Wild» Überlebenstechniken weltweit bekannt. Die Zuschauerinnen und Zuschauer sahen, wie man Wasser aus Pflanzen gewinnt, ohne moderne Hilfsmittel Feuer entfacht oder Nahrung in der Wildnis findet – alles inszeniert mit einer Mischung aus Abenteuer und Drama. Gleichzeitig trugen Blockbuster wie «Cast Away – Verschollen» mit Tom Hanks dazu bei, die Faszination von Survival-Geschichten in die Popkultur zu tragen.

Survival 360°: mehr als nur Naturkenntnisse

Survival ist nicht nur Feuermachen im Wald, denn es gibt verschiedene Arten zu überleben, da die Situationen im Ernstfall unterschiedlicher kaum sein könnten. Zum einen das «Urban Survival». Hier geht es um das Überleben in der Stadt, vor allem bei Katastrophen wie Stromausfall, Unruhen oder Naturkatastrophen. Aber auch um improvisierte Lösungen, den Schutz vor Gefahren und die Sicherung von Ressourcen. Dazu gehört ebenfalls das «Prepper-Survival». Prepper bereiten sich aktiv auf Krisen wie Stromausfälle oder geopolitische Spannungen vor. Sie horten Vorräte, planen Notfallszenarien und trainieren für den Ernstfall. Zum anderen das klassische Bild von Survival, das «Wildnis-Survival». Das Überleben fernab der Zivilisation, bei dem Techniken wie Feuer machen, Unterschlupf bauen, Wasser finden und Nahrung beschaffen im Mittelpunkt stehen. Eine abgewandelte Variante ist das «Bushcraft». Dabei geht es weniger um das nackte Überleben, sondern darum, mit natürlichen Materialien und traditionellen Techniken im Einklang mit der Natur zu leben.

Auch das ursprüngliche «Military Survival» wird heute noch trainiert. Es basiert auf speziell für Soldaten entwickelten Techniken wie Tarnung, Orientierung, Selbstverteidigung und Evakuierung. Es ist diszipliniert, strukturiert und vor allem auf extreme Szenarien ausgerichtet. Es gibt drei weitere Arten des Überlebens, die an extreme Umgebungen angepasst sind, wie das Überleben in der Kälte, in der Wüste oder auf hoher See. Jede dieser Situationen erfordert besondere Fähigkeiten, um zu überleben. Zuletzt gibt es noch das «Psychological Survival». Hier geht es nicht nur um den Körper, sondern vor allem um den Kopf. Panik vermeiden, Ruhe bewahren und die eigene Psyche stärken. Denn ohne mentale Stärke nützt auch die beste Technik wenig. Denn Survival ist mehr als eine Fähigkeit – es ist eine Einstellung. Vorbereitet sein, sich anpassen können und niemals aufgeben.

Zwei junge St. Galler trainieren im Altstätter Wald «Wildnis-Survival». Sie bieten Kurse an und geben ihr Wissen weiter.

Videoportrait über Samuel und Fabian von «Treefire Survival». Quelle: Soraya Vitali

Survivalkurse sind im Hype

Survival-Kurse boomen – und das aus gutem Grund. Die Teilnehmenden kommen aus den unterschiedlichsten Motiven zusammen. Ein wichtiger Faktor ist die aktuelle geopolitische Lage. «Die geopolitischen Spannungen innerhalb Europas führen bei vielen Menschen zu einem erhöhten Sicherheitsbedürfnis», sagt Samuel Lutz, Survival-Trainer bei «Treefire Survival». Survival Skills gelten dabei als praktische Möglichkeit, sich in Krisenzeiten sicherer zu fühlen. Doch es geht nicht nur um Krisenvorsorge. Viele suchen in Survival-Kursen auch die Verbindung zur Natur. Fernab von Smartphones und Alltagsstress erleben sie die Wildnis als Ort der Ruhe und Ursprünglichkeit – eine willkommene Abwechslung in einer zunehmend digitalisierten Welt.

Ein weiterer Anreiz ist der Wunsch, sich praktisches Wissen anzueignen. Fertigkeiten wie Feuer machen, Unterkünfte bauen oder Nahrung in der Natur finden vermitteln nicht nur Sicherheit, sondern auch ein Gefühl der Unabhängigkeit. Für viele ist ein Überlebenskurs aber auch eine persönliche Bewährungsprobe. Die Herausforderungen, die solche Kurse mit sich bringen, sind oft körperlich und mental anspruchsvoll. Sie helfen den Teilnehmerinnen und Teilnehmer Ängste zu überwinden, Grenzen zu erkennen und über sich hinauszuwachsen. Nicht zuletzt bieten die Kurse ein Gemeinschaftserlebnis. Survival bedeutet meist Teamarbeit – gemeinsam schwierige Situationen zu meistern fördert den Teamgeist. Ob als Abenteuer, Auszeit oder Vorbereitung auf den Ernstfall – Survival-Kurse sprechen das Bedürfnis nach Natur, Sicherheit und persönlicher Entwicklung an. Kein Wunder, dass sie sich wachsender Beliebtheit erfreuen.

Überleben ist auch in der Schweiz trendy

Auch in der Schweiz wird Survival immer mehr zum Trend, nicht zuletzt dank Formaten wie «SRF bi de Lüt – Abenteuer Wildnis». Solche Sendungen sorgen dafür, dass die Themen nicht nur ein Nischendasein fristen, sondern auch in der Schweizer Bevölkerung auf Interesse stossen. «Ich merke, dass sich in meinem Umfeld immer mehr Leute für das Thema Survival interessieren und viele auch mehr darüber wissen», sagt Samuel Lutz, Survival-Trainer bei «Treefire Survival». 

Die wachsende Faszination zeigt: Jugendliche suchen nach Fähigkeiten, die sie unabhängiger machen – und gleichzeitig Abenteuer bieten. Wer hätte gedacht, dass Knotenkunde oder improvisierte Unterkünfte zum neuen Freizeittrend werden?

Die wichtigsten 5 Tipps für eine Survival-Challenge 

Cool bleiben

Bewahre einen klaren Kopf, denn Panik führt zu schlechten Entscheidungen. Beobachte deine Umgebung, nimm dir einen Moment, um einen Plan zu entwickeln. Dein Geist ist dein wichtigstes Überlebenswerkzeug.

Prioritäten setzen

Halte dich an die 3er-Regel, um in einer Survival-Situation klug zu priorisieren. Achte immer darauf, dass du genug Sauerstoff hast, denn ohne Luft überlebst du nur 3 Minuten. Danach kommt der Schutz vor Hitze oder Kälte – ohne geeigneten Unterschlupf kann es innerhalb von 3 Stunden kritisch werden. Sorge ausserdem für genügend Wasser, da dein Körper nach 3 Tagen ohne Flüssigkeit versagt. Nahrung hat die niedrigste Priorität, da du bis zu 3 Wochen ohne Essen auskommst.

Sei stets achtsam, denn Gefahren lauern überall – ob in der Natur oder beim Umgang mit Werkzeugen. Verletzungen sind kontraproduktiv und sollten unbedingt vermieden werden.

Feuer: der Survival-Buddy

Ein Feuer kann dir das Leben retten – es spendet Wärme, hält wilde Tiere fern, hilft dir, Wasser abzukochen, Nahrung zuzubereiten oder ein Signal zu setzen. Ob mit Feuerstahl, Bogenbohrer oder einem Funken: Lerne, wie du ein Feuer entzündest, damit du in jeder Situation vorbereitet bist. Denn ein Feuer ist mehr als nur praktisch, es gibt dir Sicherheit und Hoffnung.

Wasser: das Lebenselixier 

Ohne Wasser geht gar nichts – doch trinke nur sauberes Wasser. Suche nach Quellen wie Bächen, Flüssen oder Tau, aber achte darauf, dass du es immer abkochst oder filterst. Verunreinigtes Wasser kann voller Krankheitserreger sein und dich schnell schwächen. Ein Risiko, das du in einer Survival-Situation unbedingt vermeiden musst. Sauber bleibt sicher!

Know-how über die Natur

Nutze, was die Natur bietet, aber nur mit dem richtigen Wissen. Lerne, welche Pflanzen essbar sind und welche giftig – und sei bei der Suche nach Nahrung immer vorsichtig. Ein sicherer Unterstand schützt dich vor Wind, Regen und Kälte, also übe, wie man schnell einen baut. Und wenn du die Orientierung verlierst, nutze Sonne, Sterne oder improvisierte Techniken, um die Himmelsrichtungen zu bestimmen. Mit Naturkenntnissen bleibst du auf Kurs.

Survival-Quiz