Die «National Football League» (NFL) wird in Europa immer beliebter, auch in der Schweiz. Die Begeisterung für die beste American Football-Liga der Welt scheint für Fans keine Grenzen zu kennen. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Autor: Kim Realini
Bild: Die drei NFL-Fans Fabian Bruhin, Tobias Vetter und Marco Fumagalli (v.l.n.r) verfolgen «NFL RedZone» an einem Sonntagabend. (Bild: Kim Realini)
«Any given Sunday», so heisst ein US-Sport-Drama von 1999. Der Film von Oliver Stone erzählt die Geschichte des fiktiven American Football-Teams «Miami Sharks», das auf dem Weg in die Playoffs mit zahlreichen Herausforderungen kämpft. Obwohl die Sharks und ihre Liga aus Copyright-Gründen erfunden sind, stehen sie sinnbildlich für die 32 Teams der NFL. Der Ausdruck «Any given Sunday» beschreibt aber auch die heutige NFL ziemlich passend.
In den deutschsprachigen Football-Medien wird dieser populäre Ausdruck meistens mit «Jeden verdammten Sonntag» übersetzt. Dafür gibt es drei Hauptgründe:
Die klar strukturierte Karriere bis in die NFL
Eine NFL-Karriere ist schon von Anfang an klar durchstrukturiert. Die Football-Spiele der Highschools finden freitagabends statt und College-Football wird am Samstag gespielt. Wer es in die NFL schaffen möchte, träumt davon, «sonntags zu spielen». Nach der College Football-Karriere können nur 1,6 % der Footballer den Traum vom NFL-Profi wahr werden lassen.
Der Weg vom Schulsport zur NFL
Im Gegensatz zum europäischen Sport haben professionelle Sportmannschaften keine Jugendteams und Akademien in den USA. Der organisierte Sport ist an das Schulsystem gebunden. Studenten, die Highschool-Football spielen, können bei entsprechenden Leistungen ein Sportstipendium eines renommierten Colleges erhalten. Wenn die College-Karriere erfolgreich verläuft, können sich die Spieler für den NFL-Draft anmelden. Dort werden die besten 250 bis 260 Spieler einer Draftklasse von den 32 NFL-Teams gedraftet. Deshalb wird auch von «NFL-Franchises» geredet, da diese auch nicht auf- und absteigen können. Die Reihenfolge eines Drafts werden durch die Ergebnisse der Vorsaison bestimmt. Das schlechteste Team der Vorsaison erhält den ersten Draftpick der ersten Runde. Der Gewinner des Super Bowls pickt an 32. Stelle. Insgesamt gibt es sieben Runden. Die Spieler, die nicht gedraftet wurden, können als «undrafted Free Agents» mit einem interessierten Team unterzeichnen.
An jedem Sonntag ist alles möglich
«Jeden verdammten Sonntag» bedeutet auch, dass jeden Sonntag jedes Team jedes schlagen kann. American Football ist ein komplexer und unberechenbarer Sport und in der NFL sind «gute» und «schlechte» Teams enorm nahe beieinander.
Aufgrund des «Franchise-Systems» ist die NFL die wahrscheinlich ausgeglichenste Profiliga der Welt. Im Gegensatz zu den meisten europäischen Sportligen gibt es in der NFL keine Auf- und Absteiger. Schlechte Teams der Vorsaison erhalten in der Regel mehr Transferbudget («Salary Cap») und höhere «Draftpicks», so kann ein Umbruch schnell geschehen. Die Detroit Lions beendeten die 2021-Saison zum Beispiel mit nur drei Siegen. Aufgrund von gutem Coaching, starken «Draftklassen» und Transfers, die die letzten Kaderlücken füllten, haben die Lions Ende 2024 zwölf Siege aus 14 Spielen.
Keine Übersättigung dank kurzer Saison
Für NFL-Fans bedeutet «Any given Sunday» auch, dass in der vergleichsweise kurzen NFL-Saison (September bis Februar), dass jeder Sonntag der NFL gewidmet wird. Über ein halbes Jahr finden keine Pflichtspiele in der NFL statt. Somit sind die Herbstsonntage für Fans «heilig».
Die Partien am Sonntag finden während drei Zeitfenstern (Eastern Standard Time Zone) statt: um 13 Uhr 16:25 Uhr und ein ausgewähltes Topspiel um 20:25 Uhr. Für Schweizer Fans beginnen die ersten Spiele somit um 19 Uhr und das zweite Zeitfenster fängt nach 22:00 Uhr an. Für Schweizer Fans ist das nicht immer einfach mit dem Berufsleben unter einen Hut zu bringen. «Wenn mein Lieblingsteam die Panthers in der Nacht spielen und ich am nächsten Tag frei habe, schaue ich das Spiel live, ansonsten schaue ich das Spiel am nächsten Morgen, bevor ich das Resultat kenne».
NFL-Hype im deutschsprachigen Raum
Der Lieblingssport der US-Amerikaner hat seine globale Popularität in den letzten zehn Jahren sehr stark vergrössert. Auch in der Schweiz. «ProSieben Ran» hat sich den Namen von «Any given Sunday» zu Herzen genommen und mit «Ran NFL: Jeden verdammten Sonntag» die NFL 2015 in das deutschsprachige TV gebracht.
Die NFL ist die wertvollste Sportliga der Welt, die laut Forbes jährlich einen Umsatz von ca. 18-19 Milliarden generiert. Ausserhalb der USA hat die NFL in Deutschland sogar den zweitgrössten Markt mittlerweile. Nach den grossen Fussballligen (Champions League, Bundesliga, Premier League, Serie A und La Liga) ist in Deutschland die NFL die meistgesehene Sportliga. Laut NFL Deutschland verfolgen 18 Millionen Menschen die NFL aus dem deutschsprachigen Raum.
Mehrere NFL-Teams haben sich die Marketingrechte für den deutschen Markt gesichert, das heisst, es gibt auch offizielle deutsche soziale Medien der NFL-Medien. Neben den drei NFL-Spielen in England gibt es seit 2022 jährlich ein Spiel in Deutschland.
Die 32 NFL-Teams und die Liga-Aufteilung. (Grafik: Kim Realini)
Das Ligasystem der NFL
Die Liga besteht aus 32 Teams, die in zwei Konferenzen aufgeteilt sind: AFC und NFC. Die beiden Konferenzen werden wiederum in vier Divisionen aufgeteilt. Pro Konferenz kommen sieben Vereine in die NFL-Playoffs: Die «Division-Sieger» und die jeweils drei besten Teams, welche die Divsions nicht gewinnen konnten. In den Playoffs werden zunächst die besten Teams der Konferenzen ermittelt, welche anschliessend im Super Bowl aufeinandertreffen.

Kurz vor Ende der Regular Season sind diese acht Teams Favoriten auf eine Super Bowl-Teilnahme am 9. Februar 2025 in New Orleans. Die Zahlen neben dem Teamnamen bedeuten die Anzahl Siege-Niederlagen. (Grafik: Kim Realini)
Für Schweizer Fans des American Footballs ist der Sonntagabend zwischen September und Februar die wichtigste Zeit im Terminkalender. Dann finden die Spiele der National Football League statt. Für Liebhaber des US-Sports gehört noch vieles mehr dazu als nur sieben Stunden Football im TV zu verfolgen.
Die TV-Revolution mit «NFL-RedZone»
Wem die ausgewählten Free-TV-Spiele auf RTL (bis 2023 auf ProSieben RAN) nicht reichen, muss sich ein Abo für den DAZN-Gamepass lösen. Dort können Fans alle Spiele verfolgen. Am beliebtesten unter eingefleischten NFL-Fans ist das Format: «RedZone». Die «NFL-RedZone» ist vergleichbar mit der «Konferenz» von Fussballligen.
An jedem Sonntag führt Moderator Scott Hanson durch alle Spiele, die zeitgleich stattfinden. Dabei werden Highlights und wichtige Szenen in Echtzeit gezeigt, indem sie zwischen laufenden Spielen hin- und herschalten. Somit verpassen Zuschauer keine Höhepunkte.
Faszination NFL – «Jeden verdammten Sonntag»
Tobias Vetter ist seit 2016 leidenschaftlicher NFL-Fan: «Es ist ein sehr spannender und abwechslungsreicher Sport», sagt Vetter. Neben den Free-TV-Spielen im deutschen Fernsehen hat der Vetter noch eine andere Erklärung für die zunehmende Beliebtheit der NFL in der Schweiz. «Durch die sozialen Medien bekommt man mehr mit. Früher kannte man den Sport hier kaum. Zusammen mit den Spielen im Fernsehen wird die Präsenz des Sports somit erhöht.»
NFL-Kollege Marco Fumagalli sieht dies ähnlich. «Bei der ‹RedZone› gibt es keine Werbung, da in der Werbepause zu einem anderen Spiel gewechselt wird. Das ist sehr wichtig, da es bei einem NFL-Spiel viele Werbepausen gibt. In den sieben Stunden wird alles kompakt in Echtzeit zusammengefasst, das ist cool.» Die NFL hat die Schweiz erobert – mit ihren Geschichten, ihrer Dramatik und dem Versprechen, dass an «jedem verdammten Sonntag» alles möglich ist.
Fantasy Football
Während eines NFL-Spieltags gibt es noch ein weiteres Spiel für NFL-Fans. Beim sogenannten «Fantasy Football» können NFL-Fans vor der Saison ein fiktives Team aus NFL-Spielern aus allen Mannschaften zusammenstellen. Das Fantasy-Team erhält Punkte aufgrund der aktuellen individuellen Leistungen der NFL-Spieler während den echten Spielen. Das Fantasy Team tritt in der Regel gegen andere Fantasy Teams der Kollegen an. Auch in Ligen von anderen Sportarten gibt es Fantasy-Ligen. So hat 2024 «20 Minuten» eine Super League-Fantasy-Liga eingeführt.
In dieser NFL-Saison sorgten die New York Jets für ein «sporthistorischen Kollaps». SRF-Sportjournalist und Football-Experte Franco Landolt ordnet die Leistungen der Jets um Skandal-Quarterback Aaron Rodgers ein.
Eine kontroverse NFL-Persönlichkeit: Quarterback Aaron Rodgers
Aaron Rodgers ist der kontroverseste NFL-Spieler. Der 41-jährige Quarterback der New York Jets ist auf dem Feld als einer der besten Football-Spieler aller Zeiten bekannt. Seine Spielintelligenz ist unbestritten, seine Erfolge können sich sehen lassen (1x Super Bowl-Champion und 4x «Most Valuable Player»). Neben dem Feld ist er für Verschwörungstheorien bekannt und als Befürworter alternativer Heilmethoden berüchtigt. Hier sind ein paar Beispiele:
– Während der Pandemie behauptete er zum Beispiel, das er «immunisiert» sei, dank einer Behandlung mit einem Wurmmittel, obwohl er sich nicht impfen liess.
– Robert F. Kennedy Junior. wollte Rodgers bei einer potenziellen US-Präsidentschaft als Vizepräsidenten anstellen. Momentan hat Rodgers laut Wettmacher bessere Chancen, 2028 Donald Trumps Nachfolger als US-Präsident zu werden, anstatt nochmals einen Super Bowl zu gewinnen.
– Anfang 2024 behauptete Rodgers, dass Jimmy Kimmel «Gast» auf Epstein Island gewesen war, was sich als erfundene Behauptung herausstellte.
Rodgers und das Kapitel: New York Jets – «Ein kolossaler Fehlschlag»
Von 2005 bis 2022 spielte der Kalifornier bei den Green Bay Packers und gewann in der 2010-Saison den Super Bowl. 2023 folgte der Wechsel nach New York. Als «Retter der Jets» sollte er New York endlich wieder in die NFL-Playoffs führen. Bereits im ersten Spiel der 2023-Saison riss Rodgers sich die Achillessehne und fiel für den Rest der Spielzeit aus. Für 2024 und Rodgers‘-Comeback waren die Erwartungen entsprechend hoch. Mit einem talentierten Kader sollte er New York nicht nur in die NFL-Playoffs führen, sondern sogar in den Super Bowl. Doch das talentierte Jets-Kader wurde den Erwartungen nicht gerecht. Nach vierzehn Partien ist klar: Die Jets haben die Playoffs verpasst, stehen mit nur mit vier Siegen da. Rodgers spielte für NFL-Quarterback-Verhältnisse eine durchschnittliche, für Rodgers-Verhältnisse eine sehr schwache Saison. Ob er 2025 zu den Jets zurückkehrt, bleibt momentan völlig offen. ESPN-Journalist Mike Greenberg bezeichnet die Jets-Saison als eine «der kolossalsten Fehlschläge in der Sportgeschichte».

Sportjournalist spezialisiert auf American Football und Fussball aka NFL- und Champions League-Lexikon.