Die Pfadi Falkenstein feiert dieses Jahr ihr 75-Jahre-Jubiläum. Eine Erfolgsgeschichte auf ganzer Linie. Dies ist auch den rund 80 freiwilligen Leiterinnen und Leitern zu verdanken, welche die Pfadi-Aktivitäten und Lager planen und durchführen. So viele Freiwillige zu finden, ist keine Selbstverständlichkeit. Doch was macht Falkenstein anders?

Autorin: Elena Zingg
Titelbild: Kinder aus der Pfadi Falkenstein am Spielen. Quelle: Elena Zingg

Die Vorbereitung auf eine Pfadi-Aktivität, also einen Pfadi-Nachmittag, braucht viel Planung. Das weiss Nora Pätzold. Sie ist bereits seit 6 Jahren als Leiterin in der Pfadi Falkenstein in Köniz aktiv und investiert etwa 400 Stunden im Jahr für ihre Leidenschaft. «Das ist aber eine Ausnahme. Ich bin eher engagiert und übernehme noch andere Funktionen im Verein», sagt sie.

Dennoch müssen die Leiterinnen und Leiter nebst dem Planen der Aktivitäten sich vorher auch noch miteinander besprechen. Hier werden Fragen geklärt, wie: Wer ist für was zuständig und ob die Aktivitäten allenfalls wetterbedingt angepasst werden müssen.

Die Leiterinnen und Leiter bereiten sich auf einen Pfadi-Nachmittag vor. Bild: Elena Zingg

Zwischen Planung und Elternkontakt

Grundsätzlich ist der Aufgabenbereich von Pfadi-Leiterinnen und -Leitern gross. Es müssen Quartalsplanungen gemacht, Aktivitäten geplant sowie vor- und nachbereitet werden und sie sind immer wieder im Kontakt mit den Eltern.

«Das ist ein sehr wichtiger Teil unserer Arbeit», so Pätzold. Schliesslich seien die Leiterinnen und Leiter eigentlich die einzigen direkten Ansprechpersonen für Eltern der Kinder.

Das fresse viel Zeit. «Darum springen die meisten Mitglieder auch ab, wenn es um den Wechsel vom Pfadi-Teilnehmenden zum Pfadi-Leitenden geht.» Das liege in erster Linie daran, dass viele von ihnen, um diese Zeit, also im Alter von 14 bis 15 Jahren, gerade mit der Lehre beginnen oder mitten in einer schulischen Ausbildung sind. «Und für viele ist das eh schon eine stressige Zeit.»

Wieso wird man Leiterin in einer Pfadi?

Eine Pfadi-Gruppe leiten, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Doch was motiviert Nora Pätzold, dieses Amt seit 6 Jahren auszuüben?

Nora Pätzold ist langjährige Leiterin bei der Pfadi Falkenstein. Im Video spricht sie über ihre Motivation, Herausforderungen und schöne Momente. Video: Elena Zingg

Strenge Kurse und ständige Beurteilung

Dazu kommen noch die Kurse, welche jede Leiterin und jeder Leiter absolvieren sollte, um dann auch Lager leiten zu können. Denn für jedes Lager muss es mindestens eine Person geben, welche zwei dieser Jugend und Sport (J&S) Leitendenkurse der Pfadi absolviert hat.

Denn auch die Lager der Pfadi müssen die Vorschriften von J&S erfüllen. «Darum ist es wichtig, die Jugendlichen für solche Kurse zu motivieren, auch wenn das nicht immer so einfach ist.» Die Kurse der Pfadi haben es in sich. Für die Teilnahme am ersten J&S Kurs muss eine Prüfung abgelegt werden und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden während des Kurses ständig beobachtet. Sie müssen auch ihre Leitungskompetenzen zeigen. «Viele gehen aber gerne in den zweiten Kurs, wenn sie bereits einen ersten besucht haben», sagt Pätzold.

Da die Kurse von den jeweiligen Kantonalverbänden organisiert werden, bieten sie eine gute Plattform, um Kontakte zu anderen Pfadis zu knüpfen. «Viele ermuntert es, wenn sie merken, dass sie die gelernten Dinge auch wirklich im Pfadi-Alltag anwenden können.»

  • Die Kinder bereiten alles für ein Spiel vor.
    Bild: Elena Zingg

Stärke Jahrgänge

Die Jugendlichen in diesem Zeitpunkt zum Weitermachen zu motivieren, sei also matchentscheidend. «Die Pfadi Falkenstein hat momentan zum Glück kein Problem mit zu wenig freiwilligen Leitenden.»

Das liege an verschiedenen Faktoren. Zum einen ist das Bevölkerungswachstum der Region sicher eine Hilfe für die Pfadi. «Dadurch hatten wir in den letzten Jahren immer starke Jahrgänge.»

Starke Jahrgänge bedeuten in diesem Fall, dass in den Gruppen, welche von Teilnehmern zu Leiterinnen und Leitern wechseln, in den vergangenen Jahren immer gross waren. Auch die Gruppen, welche in den nächsten Jahren dieses Alter erreichen, seien zahlreich. «Eigentlich ist es ganz einfach: Je mehr Kinder wir haben, umso mehr von ihnen werden auch Leiterinnen und Leiter.»

Viele andere Pfadis aus Regionen, die keinen so starken Zuwachs haben, leiden oft unter einem Leitendenmangel. Häufig sei es dann so, dass ältere Leitpersonen, die bereits aufhören wollten, weitermachen müssen. «Dann fehlt oft die Motivation bei den Leitenden. Das ist zwar verständlich, aber dennoch sehr schade. Vor allem für die Kinder.»

Freizeitaktivitäten und Zusammenhalt

Der grosse Nachwuchs sei aber nicht der einzige Grund, wieso sich die Pfadi Falkenstein nicht mit dem Problem konfrontiert sieht. Auch die verschiedenen Spass-Aktivitäten, welche die Pfadi Abteilung für seine Leitpersonen durchführt, scheinen Anklang zu finden. Dazu gehört zum Beispiel einmal im Monat ein Leiterabend. «Das machen nicht alle. Ich denke aber, dass es wirklich hilft, Pfadi-Mitglieder dazu zu motivieren, Leitpersonen zu werden»

Auch der Zusammenhalt innerhalb der Pfadi sei gross. Bei einer solch grossen Pfadfindergruppe sei dies nicht selbstverständlich. «Oft ist der Zusammenhalt bei kleinen Pfadis viel grösser als bei solch grossen, wie wir es sind», so Pätzold. Die Vorstellung, mit Freunden Aktivitäten zu leiten und so etwas an zukünftige Leitpersonen weitergeben zu können, sei aber auch bei der grössten Pfadi im Kanton Bern für die meisten Jugendlichen die Motivation zum Weitermachen.

Wie aus der Pfadi eine Tradition wurde

Pfadi – eine Tradition, die aus der Kindheit von vielen Schweizerinnen und Schweizern nicht wegzudenken wäre. Doch wie kam es dazu, dass es in Bern nun über 50 verschiedene lokale Abteilungen gibt?

75 Jahre. So lange gibt es die Pfadi Falkenstein in Köniz bereits. Eine lange Zeit. Auch wenn sie nicht mit der ältesten Pfadi im Kanton, der Pfadi Patria, mithalten kann. Diese existiert nun schon seit 110 Jahren.

Autorin: Elena Zingg

Sie wurde kurz nach den ersten Pfadfindergruppen in England gegründet. Das Konzept wurde schnell von anderen Regionen rund um die Stadt übernommen. So kam die Pfadi auch nach Köniz, was laut dem Kantonalen Pfadi-Verband eigentlich nur eine Frage der Zeit war.

Gemäss ihm haben vor allem Werte wie Teamarbeit, Naturverbundenheit, Verantwortungsbewusstsein, für welche die Pfadi steht, in der Schweiz grossen Zuspruch bekommen. Aber auch die eher ländliche Umgebung von Köniz habe ihren Teil dazu beigetragen.

Immer in Veränderung

Dabei habe sich die Pfadi auch um einiges verändert, teilt der Kantonale Pfadi-Verband mit. Zu Beginn konzentrierte sie sich auch in der Schweiz vor allem auf Naturerlebnisse und Disziplin. Ganz nach dem englischen Beispiel, welches sich an militärischen Ausbildungen orientierte.

In den 90er Jahren wurde die Pfadi mit neuen Freizeitgewohnheiten und der beginnenden Digitalisierung herausgefordert. Damals kamen zu den Naturerlebnissen mehr soziale und kreative Projekte dazu, um für die Kinder attraktiv zu bleiben. In den letzten Jahren wurde der Fokus vermehrt auf Nachhaltigkeit und Inklusion gesetzt.

Zudem gab es auch vermehrt Zusammenarbeiten. Nebst dem bekannten «Bundeslager», wo Pfadis aus der ganzen Schweiz zusammenkommen, gibt es auch vermehrt Kollaborationen zwischen den 50 lokalen Abteilungen, teilt der Verband mit.

Meilensteine der Pfadi im Kanton und der Pfadi Falkenstein in den letzten 110 Jahren. Grafik: Elena Zingg
Quelle: Kantonaler Pfadi-Verband Bern

50 Abteilungen, 50 eigene Bedürfnisse

Dass jede Umgebung eigene Bedürfnisse hat, zeigt sich auch in den lokalen Abteilungen. 50 verschiedene Abteilungen seien notwendig für einen Kanton wie Bern. Während es beispielsweise in den ländlichen Regionen mehr darum geht, der Bevölkerung nahe zu sein, müssen sich Abteilungen in städtischen Umgebungen mehr gegen andere Freizeitaktivitäten behaupten.

Auch wenn sich die Pfadi momentan keine Sorgen um Teilnehmerinnen und Teilnehmer machen muss, müsse sich die Pfadi in Bern auch in Zukunft weiterentwickeln, so der Kantonale Verband.

Herausforderungen mussten die Pfadis im Kanton Bern bereits während Corona meistern. Da Treffen in dieser Zeit nicht möglich waren, wurden einige Aktivitäten online durchgeführt.

Digitalisierung der Pfadi

Die Pfadi wird sich aber noch weiter in diese Richtung entwickeln, so der kantonale Verband. Schliesslich gehe die Digitalisierung auch an den Pfadfinder nicht vorbei und es sei wichtig, um weiterhin erfolgreich Kinder und Jugendliche für die Pfadi zu begeistern.

Die Werte der Pfadi, also Vielfalt und Inklusion, sollen dabei aber immer noch im Mittelpunkt stehen. Weiter will die Pfadi sich zukünftig mehr auf Nachhaltigkeit und gesellschaftliches Engagement konzentrieren.

Ein grosser Luxus

Dass die Pfadi Falkenstein eine solch grosse Zahl an Leiterinnen und Leitern habe, sei aber ein Luxus, den man nicht als selbstverständlich anschauen dürfe, sagt die langjährige Leiterin. Schliesslich kann sich die Situation auch bei ihnen wieder ändern. Darauf sei man aber vorbereitet. Entweder würden Gruppen zusammengelegt oder – im Ernstfall – würden Leute im engen Freundeskreis als Hilfspersonen angefragt. «Das hat es alles in vergangenen Jahren bereits gegeben.»

Die naheliegende Lösung, sich bei anderen Abteilungen im Kanton Pfadi-Leiterinnen und Pfadi-Leiter auszuleihen, gestalte sich aber eher schwierig. Auch bei der Pfadi Falkenstein seien bereits solche Anfragen eingegangen.

Viele würden das aber nicht wollen, da sie oft bei den anderen Pfadis niemanden kennen und die Aktivitäten lieber mit Freunden planen und leiten. «Das ist zwar etwas egoistisch, da dies aber alles freiwillige Arbeit ist, dürfen wir uns das auch erlauben, finde ich.»

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